64: Zwischen Fakten und Forderungen: Der Wolf im Spannungsfeld

Shownotes

Nach der Sonderausgabe vor sieben Wochen, kommt der Wolfspodcast mit dieser Folge endgültig aus der Sommerpause zurück. Das wird auch Zeit. Reißen doch die Schlagzeilen um die Zukunft der Wölfe in Deutschland nicht ab. Zu Gast ist wieder die Frau, die wir hier Ines nennen. Sie ist Regierungsoberamtsrätin und Diplomverwaltungswirtin und arbeitet in einer Bundesbehörde. Seit 30 Jahren ist sie im öffentlichen Dienst. Die Insiderin arbeitet nebenbei ehrenamtlich im Natur- und Artenschutz. Diese Folge ist eine Fortsetzung der letzten und der ideale Wiedereinstieg ins Thema. Ines und Sabine nehmen sich nochmal den Erhaltungszustand vor, der ja in den Politikerköpfen immer noch rumgeistert, ganz so, als hätte man ihn noch nicht an die EU-Kommission übermittelt. Weiter geht es um die juristische Bewertung der anstehenden politischen Änderungen für den Wolf mit Blick auf die FFH-Richtlinie und den Schutzstatus. Was bedeutet es konkret, wenn der Wolf vom Bundesnaturschutzgesetz ins Jagdrecht kommt? Dürfen Wölfe einfach so, wie von einigen Politkern und Teilen der Jägerschaft gefordert, bejagt werden? Und wie sind die vielen, vielen Forderungen von allen möglichen Interessensvertretern zu bewerten? Der Druck auf die Politik wächst, die Zeit rennt und den Anfang macht das Land Brandenburg.

Der Wolfspodcast ist eine Produktion von Sabine Sebald

Der Podcast wird ehrenamtlich aus eigenen Mitteln produziert

Kontakt zur Redaktion:

info@derwolfspodcast.de

Redaktion: Sabine Sebald

Technik und Produktion: Thomas Ganswindt

Cover-Design und Foto: Matthias Kays

Sprecher: Steffen Schambach

🔴 Link zum Spendenaufruf für die Klage vor dem EuGH gegen die Änderung der FFH-Richtlinie:

https://www.gofundme.com/f/Klage-Schutzstatus-Wolf-EuGH?attributionid=sl:b52d8898-706b-4074-83f6-68658dddb424&lang=deDE&utmcampaign=fpsharesheet&utmmedium=customer&utmsource=copy_link

🔴 Links zu den Seiten vom Bundesamt für Naturschutz (BfN):

Hier werden alle Fragen zum Thema FFH-Bericht und günstiger Erhaltungszustand beantwortet. Außerdem findet ihr dort eine super aufbereitete kartographische Darstellung der biogeographischen Regionen in Europa.

https://www.bfn.de/haeufig-gefragt-erhaltungszustandsbericht-nach-der-fauna-flora-habitat-richtlinie-ffh-bericht

Populationsgefährdungsanalyse für die Art Wolf (Anhang II und IV FFH-Richtlinie):

https://bfn.bsz-bw.de/frontdoor/index/index/docId/1899

DBBW - Karte der Territorien seit 2000:

https://www.dbb-wolf.de/Wolfsvorkommen/territorien/karte-der-territorien

Link zum nationalen FFH-Bericht, unten auf der Seite der Link zum Article 17 web tool. Dort erscheinen dann die Daten, die Deutschland an die EU-Kommission geliefert hat:

https://www.bfn.de/nationale-ffh-berichte

Kartendienst den Bundesamtes für Naturschutz: Genaue Übersicht über Schutzgebiete, Naturräume und biogeographische Regionen:

https://geodienste.bfn.de/schutzgebiete?lang=de

Informationen zu Schutzgebieten:

https://www.bfn.de/schutzgebiete

Die Angst vor Wölfen: Eine Bewertung von Wolfsattacken auf Menschen:

https://www.docdroid.net/uL563FP/nina-deutsch-pdf

DBBW, die Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf:

https://www.dbb-wolf.de/

Die Recherche der RiffReporter zum Erhaltunsgzustand:

https://www.riffreporter.de/de/umwelt/wolf-deutschland-erhaltungszustand-artenschutz-ffh-richtlinie

Das Interview in der BZ mit dem ehemaligen Staatssekretär Gregor Beyer (Brandenburg):

https://www.bz-berlin.de/brandenburg/330-woelfe-schiessen

https://www.bz-berlin.de/brandenburg/staatssekretaer-beyer-stuerzt

Lese-Empfehlung der Redaktion für einen umfassenden Spiegel-Artikel in der Ausgabe 37 vom 6.9.25: Rückkehr eines Raubtiers „Die Deutschen und der Wolf“

Besonders relevante Urteilen des EuGH:

Urteil C-629/23 vom 12.6.25 - Estland

https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=301163&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=3647946

Urteil C-436/22 vom 29.07.2024 – Spanien

https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?docid=288835&mode=req&pageIndex=1&dir=&occ=first&part=1&text=Canis%2Blupus&doclang=DE&cid=16878142#ctx1

Urteil C-342/05 vom 14. Juni 2007 – Finnland

https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?docid=70199&mode=req&pageIndex=1&dir=&occ=first&part=1&text=Canis%2Blupus&doclang=DE&cid=16854909#ctx1

Urteil C-601/22 vom 11. Juli 2024 – Österreich/Tiroler Landesregierung

https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=288146&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=8577353

Übersicht der wichtigen Randnummern:

Jagd auf den Wolf ist grundsätzlich verboten; Ausnahmen nur unter Art. 16 FFH bei strenger Prüfung.

C-674/17: zusätzliche Bedingungen für Art. 16 Abs. 1 e (selektiv, begrenzt, strenge Auf-sicht), kein „Generalklausel“-Ersatz; keine zufriedenstellende Alternative; FCS-Voraussetzung; detaillierte Verbotsliste in der Tenorierung. Rn. 35–36, 48–51, 56–57, 79–80, 105–108. C-342/05: FCS ist notwendige Voraussetzung; nur ausnahmsweise neutraler Effekt; unzu-reichend begründete Präventionsjagden verstoßen gegen Art. 16. Rn. 28–31, 47. C-436/22: Bei „ungünstig-schlecht“ ist Bejagung als Wild art. 14-widrig; Fang/Tötung nur über Art. 16 mit strengen Voraussetzungen. Rn. 77–78, 116, 119–121. • Regional differenziertes Bestandsmanagement (Bejagbarkeit nur in Landesteilen) bei national ungünstigem Status ist rechtswidrig.

C-436/22 Tenor: Art. 14 steht nationalem Recht entgegen, das Wolf in einem Teil des Staatsgebiets als jagdbar ausweist, solange der nationale Erhaltungszustand „ungünstig-schlecht“ ist. Rn. 78, 119–121. • Günstiger Erhaltungszustand darf nicht nur für einen Teil des Staates „positiv“ erklärt werden, um Defizite zu verdecken.

C-601/22: FCS ist „zuerst und notwendig“ lokal und national festzustellen; erst da-nach ggf. grenzüberschreitend. Eine ungünstige Lage im Mitgliedstaat oder Teil da-von darf nicht durch eine bloß grenzüberschreitende Betrachtung „versteckt“ werden. Rn. 122–128, 140. (EUR-Lex) • Monitoring und Bewertungen müssen auf aktuellen wissenschaftlichen Daten beruhen. C-436/22: Bewertung „unter Berücksichtigung … aller jüngsten wissenschaftlichen Daten“ aus der Überwachung nach Art. 11; Bezug auch auf Art. 17-Berichte. Rn. 62, 65, 117. C-674/17: „beste relevante wissenschaftliche und technische Erkenntnisse“ sind her-anzuziehen. Rn. 51. C-629/23: Maßstab ebenfalls „most recent scientific data“ aus Art. 11-Überwachung. Rn. 42 (i.V.m. 41), 99. (EUR-Lex)

• Wolfsfreie Zonen sind mit dem unionsrechtlichen Strengschutz unvereinbar. C-88/19: Art. 12-Strengschutz gilt über die gesamte natürliche Verbreitung, auch in und an Siedlungen; „in der Natur“ schließt Siedlungsbereiche nicht aus. Rn. 39–43, 47, 51, 119. (EUR-Lex) C-674/17: Art. 16 Abs. 1 e kann nicht als allgemeine Rechtsgrundlage für flächige Ausnahmen dienen. Rn. 36, 79–80, 105–108. • Bestände benachbarter Staaten dürfen den national ungünstigen Status nicht „aufrechnen“. C-601/22: Grenzübergreifende Betrachtung nur in zweiter Stufe und nur, wenn lo-kal/national zuvor günstig ist; ein ungünstiger nationaler Zustand darf nicht durch grenzüberschreitende Werte verdeckt werden. Rn. 122–128, 140. (EUR-Lex) C-629/23: Bei Management nach Art. 14 können Austauschprozesse mit Nachbarpopulationen berücksichtigt werden, aber FCS bleibt nach Art. 1(i) strikt kumulativ-biologisch definiert. Rn. 52, 120, 122. (EUR-Lex) • Politische Festsetzung des Erhaltungszustands ist rechtswidrig. C-629/23: Ökonomische/soziale/kulturelle Belange nach Art. 2(3) dürfen berücksichtigt werden, können aber niemals fehlende Erfüllung der drei kumulativen FCS-Kriterien des Art. 1(i) ersetzen. Rn. 68–71, 133. (EUR-Lex) C-436/22 / C-674/17: Entscheidungen müssen auf den besten verfügbaren wissenschaftlichen Daten beruhen; bei Unsicherheit greift das Vorsorgeprinzip. Rn. 65, 72–74 (C-436/22); Rn. 66 (C-674/17). Hinweis: Die oben genannten Entscheidungen tragen die geforderten Punkte; Abweichungen zugunsten „politischer“ Festsetzungen oder regionaler Aufweichungen scheitern regelmäßig an Art. 12, Art. 14, Art. 16 sowie Art. 1(i)/Art. 11 FFH-RL.

Link zum Reportnet: Hier sind die Datenpakete der FFH-Berichte der EU-Mitgliedsstaaten einsehbar. Die zip-Dateien können heruntergeladen werden.

Link gefiltert auf Deutschland:

https://reportnet.europa.eu/public/country/DE

siehe Zeilen „Habitatrichtlinie“

Interview mit Markus Rösler vom 01.04.2025 – Herabstufung des Schutzstatus war rein politische Sache:

https://www.bietigheimerzeitung.de/inhalt.vaihingen-ein-grosser-erfolg-war-der-nationalpark.ce9b37f6-5ed9-4ef4-9707-c1a5ba93aabe.html

Anweisung der schwedischen Regierung an die Umweltschutzbehörde, den Referenzwert für die günstige Population auf 170 Individuen festzusetzen:

https://www.regeringen.se/contentassets/ff657586dedc4e3cb243576cf184b821/uppdrag-till-naturvardsverket-att-rapportera-angivet-referensvarde-for-varg.pdf https://www.regeringen.se/regeringsuppdrag/2025/06/uppdrag-till-naturvardsverket-att-rapportera-angivet-referensvarde-for-varg/?utm_source=chatgpt.com

Hier der Link zu den Projektalmen vom Land Tirol:

chrome-extension://efaidnbmnnnibpcajpcglclefindmkaj/https://www.tirol.gv.at/fileadmin/themen/land-forstwirtschaft/agrar/LWSJF/GrosseBaeutegreifer/Herdenschutz/Berichte/ZwischenberichtHerdenschutzprojekte2024.pdf

Kommentare (2)

Udo Zimmermann

Eine ganz wichtige Folge....ein Muss...eine Pflicht, sich das anzuhören.Das Vorzeigebeispiel Schweden setzt Referenzwert als politische Weisung an die Umweltschutzbehörde fest, 170 Wölfe einschl Welpen, ohne wissenschaftliche Belege. Österreich und die Schweiz stricken sich ihre Wolfspolitik auch wie sie wollen. Und Deutschland mit seinem eigentlich guten und soliden Monitoring und guter Datenlage? Auch bei uns wird getrickst, gelogen, betrogen, Recht und Gesetz verbogen. 44 Rudel in der atlantischen Population? Wie kommt diese Zahl zustande??? Die kontinentale Population wegen der Dynamik nicht ermittelbar, also unbekannt???? Von wegen. Das BfN hat eindeutig einen ungünstigen Erhaltungszustand festgestellt, es spielt keine Rolle ob es da in regionalen Gebieten besser aussieht. Aber man muss ja seine Versprechen gegenüber den Lobbyisten aus Landwirtschaft und Jagdverbänden halten. Im Koalitionsvertrag steht, dass der Wolf ins Jagdrecht übertragen wird. Weil das aber nicht alleine reicht und der Wolf deshalb weiter geschützt bleibt(siehe Sachsen) wird nun alles in Bewegung gesetzt und gebastelt bis es passt. BuNatSchG ändern, damit das Jagdrecht alleine gilt, und die Bevölkerung und NGOs keine Möglichkeiten mehr haben zu klagen etc. Der günstige Erhaltungszustand muss unbedingt gemeldet werden. Dazu passen die Basteleien am Verbandsklagerecht, am Umweltinfogesetzt und am Infofreiheitsgesetzt. FFH-Richtlinien werden nicht beachtet, Entscheide des EUGH ebenfalls nicht. Präventive Abschüsse, wolfsfreie Zonen, Herdenschutz mit Waffen.....Vorgaben der FFH Richtlinien sind uninteressant, das EUGH nicht der Rede wert. Eine Mauschelei, ein Skandal ist das.....und der Wolf ist nur der Anfang, der Dosenöffner für all das sind schon andere, Marder, Iltis.....und viele werden folgen. Wir müssen dran bleiben.....dazu gehört auch die Klagen durch Spenden zu unterstützen und dadurch möglich zu machen.....siehe in den Links

Christiane

Eine sehr informative und gelungene Folge wieder einmal. Ich kann "Ines" nur zustimmen: Durch den Wolf lernt man in kurzer Zeit unheimlich viel über die Natur- und Umweltpolitik in Deutschland und Europa und schaut dabei in die Abgründe der Politik. Es fällt einem wirklich immer schwerer, den Politikern zu vertrauen und an deren Kompetenz zu glauben. Es ist nicht zu verstehen, wieso sie den, gemessen an der Bevölkerungszahl, kleinen Lobbygruppen von Jägern und Landwirten soviele Zugeständnisse machen und sich vor sich hertreiben lassen.

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